Kleiner Überblick

Freitag, 13. November 2015

Trainspotting und der Zuschauer

Now I've justified this to myself in all sorts of ways. It wasn't a big deal, just a minor betrayal. Or we'd outgrown each other, you know, that sort of thing. But let's face it, I ripped them off - my so called mates. But Begbie, I couldn't give a shit about him. And Sick Boy, well he'd done the same to me, if he'd only thought of it first. And Spud, well okay, I felt sorry for Spud - he never hurt anybody. So why did I do it? I could offer a million answers - all false. The truth is that I'm a bad person. But, that's gonna change - I'm going to change. This is the last of that sort of thing. Now I'm cleaning up and I'm moving on, going straight and choosing life. I'm looking forward to it already. I'm gonna be just like you. The job, the family, the fucking big television. The washing machine, the car, the compact disc and electric tin opener, good health, low cholesterol, dental insurance, mortgage, starter home, leisure wear, luggage, three piece suite, DIY, game shows, junk food, children, walks in the park, nine to five, good at golf, washing the car, choice of sweaters, family Christmas, indexed pension, tax exemption, clearing gutters, getting by, looking ahead, the day you die.
Renton wird also zu einem Menschen wie der Zuschauer. Er wird arbeiten, heiraten, fernsehen, auf seine Gesundheit achten, Golf spielen, regelmäßig sein Auto waschen, mit der Familie Weihnachten feiern, bis - nun ja - der Tod kommt.
Dadurch, dass er den Zuschauer direkt anspricht, müssen wir uns wohl oder übel fragen: Wer sind wir eigentlich? Was tun wir? Am wichtigsten aber: Wieso tun wir es?

Da capo: Wir sehen Drogensüchtige. Wir erwarten, dass sie an ihrer Drogensucht scheitern werden. Dass der Tod irgendwie mitspielt. Dass sie im Gefängnis landen und ihre geliebte Jennifer Connelly nie wieder sehen werden. Der Punkt ist: Trainspotting verwöhnt uns nicht damit. Im Gegenteil: Man muss sehr oft lachen in dem Film. Noch öfter sieht man sich gezwungen, sich mit den Charakteren irgendwie zu identifizieren, mehr noch: Man sympathisiert mit ihnen, weil vor allem Renton vor allem eines repräsentiert: die Sehnsucht danach, aus den Dogmen der Gesellschaft auszubrechen. Beziehungsweise einfach "Nein" zu sagen.
Im Endeffekt passt er sich an. Zumindest behauptet er das - und grinst breit an der Kamera vorbei. I'm gonna be just like you. Was heißt das? Heißt das, dass er denjenigen, zu dem er gesprochen hat, verachtet? Richtet er sich genau an den Menschen, der bequem in seinem Sofa sitzt, sich über diesen Junkie aufregt und darauf hofft, dass er vom Schicksal (in dem Falle von Boyle) bestraft wird? Gut möglich!

Die Strafe bleibt - Gott sei Dank! - aus. Stattdessen lacht der Hauptcharakter den Zuschauer, der auf ihn von oben herabblickte, aus.
Trainspotting verherrlicht den Drogenkonsum überhaupt nicht, aber er verurteilt ihn auch nicht. Er versucht stattdessen zu verstehen, wieso man sich auf sowas einlässt. Einer der Gründe ist: Die Wut auf das Spießertum lässt keine andere Wahl. Man protestiert gegen die Anpassung und das Funktionieren, indem man sich der Working Class verweigert. Am Ende spricht Renton zur Working Class und fordert sie dadurch heraus, ihre eigene Lebensphilosophie zu überdenken. Trainspotting - im Endeffekt dann doch irgendwie ein Zeitgeist-Film. Auch nach fast 20 Jahren.


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