Kleiner Überblick

Samstag, 14. November 2015

The Raid - Action als Krieg

Im Action-Film geht es normalerweise um den Kampf gegen ein bestimmtes System: Sei es der Kommunismus, die Korruption oder die Profitgier bzw. der Kapitalismus. In der Regel ist der Kämpfer eine coole Sau, jemand, der immer einen One-Liner parat hat, der dazu dient, "badass" zu wirken. Selbstverständlich wird am Ende die alte Ordnung wieder hergestellt und der strahlende Held landet entweder mit dem Model im Bett oder er kehrt zu seiner geliebten Frau zurück. So viel zum Thema "Actionfilm-Dramaturgie". So weit, so unspektakulär.
The Raid beginnt mir der selben Prämisse: Ein junger Cop (Vertreter des "guten" Systems) wird zum Kampf gegen ein "böses" System berufen. Ziel ist es, einen "Bösewicht", der in einem Hochhaus lebt und dort zwielichtigen Gestalten Obhut gibt, zur Strecke zu bringen. Kommt einem bekannt vor, dieses Szenario. Was Gareth Evans aber macht, ist folgendes: Die Attacke erweist sich als Selbstmord-Kommando, die Polizisten werden nach und nach dezimiert. Der Film verlässt also die Dramaturgie des Action-Films und folgt der des Antikriegsfilms, sprich: Eine Gruppe von bewaffneten, jungen Männern macht sich auf zum Kampf, merkt dann aber, dass sie die Hölle auf Erden betreten hat, in der vor allem Tod, Chaos und Entsetzen regieren. Die Kampfszenen und Schießereien sind zwar einerseits ziemlich ästhetisch, aber andererseits auch von einer unerbittlichen Brutalität und Grausamkeit. Ohne zu viel zu verraten: Einen Sieger gibt es am Ende nicht. Das System wird weiter bestehen bleiben. Wird es enthauptet, wächst ihm ein anderer Kopf nach. Der Kämpfer verlässt den Ort der Handlung mit gesenktem Haupt.
Das erinnert vor allem an das Klischee des Antikriegsfilms: Wie oft bekommen wir zu hören, dass Filme wie Platoon oder Apocalpyse Now zeigen, dass es im Krieg keine Gewinner gebe. The Raid hingegen zeigt, dass es im Kampf gegen das Verbrechen (also im Szenario des Actionfilms) keine Gewinner gibt. Das Verbrechen erweist sich als kontrollier-, aber unzerstörbare Institution, die sich mit den "höheren Mächten" längst geeinigt hat. Die Korruption kann man nicht besiegen, man kann sich mit ihr nur arrangieren. Mit dieser bitteren Erkenntnis verlassen die letzten Überlebenden den Film.

Der zweite Teil treibt diese Konzeption noch einmal auf die Spitze. Diesmal muss sich der Held allerdings mit der Welt der "Bösen" vertraut machen - und findet dort kalten Zynismus und verzweifelte Gier. Einen Gewinner gibt es wieder nicht. Es findet vor allem ein Kampf gegen sich selbst statt, den man fast schon traumatisiert verlässt. Symptomatisch dann die Worte: "Nein, ich bin raus!" Hier spricht ein Mensch, der dem Dämon in die Augen geblickt hat, dem Dämon, den er eigentlich besiegen wollte.
Der Witz ist: Dieser Dämon scheitert an sich selbst, an seiner Machtgier, an seinem Zynismus. So avanciert der Held zum Außenstehender, der (auch hier wieder) nur verlieren kann: Der Gegner ist zwar bezwungen, aber die Augen des Protagonisten verraten vor allem eines: Erschöpfung. Erschöpfung vor einem verzweifelten Kampf gegen das Unbesiegbare.

In der Hinsicht erweist sich Gareth Evans als Pessimist, der zwar den Kampf wie zuvor bei Merantau als Philosophie inszeniert, aber auch kein Geheimnis darum macht, dass mit dem Kämpfen nichts gewonnen ist.
Die beiden The-Raid-Filme sind vor allem eines: Filme über das Scheitern. Das Scheitern an den Konventionen des Action-Films und an deren Absurdität und Unmöglichkeit. Denn am Ende haben wir keinen strahlenden, sondern einen traumatisierten Held.
Es soll noch einen dritten Teil geben. Kaum vorstellbar, durch welche Hölle Rama diesmal gehen wird. Es bleibt abzuwarten.

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